Über die Sorge um den geistlichen Umweltschutz!

„Gegeben zu Rom, Sankt Peter, am 24. Mai, dem Hochfest von Pfingsten im Jahr 2015“, steht am Ende der neuen „Umweltenzyklika“, die mit den Worten des Sonnengesangs des heiligen Franziskus beginnt „Laudato si’“ – Gelobt seist Du (o Herr)!
Wie wir wissen, sind die Apostel am Pfingstfest das erste Mal nach dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi aus ihrem kleinen Kreis des Hauses, in dem sie sich zum Gebet versammelt hatten, vor die Welt hinausgetreten, um den versammelten Menschen aus aller Herren Länder zu verkünden: „Jesus von Nazareth wurde von Gott bei euch beglaubigt durch Machterweise, Wunder, Zeichen, die Gott durch Ihn, wie ihr selber wisst, in eurer Mitte gewirkt hat … Gott hat die Wehen des Todes gelöst und Ihn auferweckt … So erkenne denn das ganze Haus Israel mit Sicherheit: Eben den Jesus, den ihr gekreuzigt habt, hat Gott zum Herrn und Messias gemacht … Bekehrt euch, und ein jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden; so werdet ihr den Heiligen Geist als Gabe empfangen. Denn euch und euren Kindern gilt die Verheißung, aber auch allen Fernstehenden, soviel ihrer der Herr unser Gott berufen wird“ (Apg. 2,22.24.36.38f.). Dies ist die Pfingstbotschaft, welche die Kirche der Welt verkündet, welche die Welt zum Heil im Heiligen Geist führen will und soll!
Die Botschaft der Enzyklika wird so vorgestellt: „An erster Stelle werde ich … einen kurzen Überblick über die aktuelle ökologische Krise geben, zu dem Zweck, die besten Ergebnisse des heutigen Stands der wissenschaftlichen Forschung zu übernehmen, uns davon zutiefst anrühren zu lassen... Aus dieser Perspektive werde ich einige Hinweise aufgreifen, die sich aus der jüdisch-christlichen Überlieferung ergeben, in der Absicht, unserem Engagement für die Umwelt eine größere Kohärenz zu verleihen. Dann werde ich versuchen, zu den Wurzeln der gegenwärtigen Situation vorzudringen, so dass wir nicht nur die Symptome betrachten, sondern auch die tiefsten Ursachen. Auf diese Weise können wir eine Ökologie vorschlagen, die in ihren verschiedenen Dimensionen den besonderen Ort des Menschen in dieser Welt und seine Beziehungen zu der ihn umgebenden Wirklichkeit einbezieht. Im Licht dieser Überlegung möchte ich fortfahren mit einigen ausführlichen Leitlinien für Dialog und Aktion, die sowohl jeden von uns als auch die internationale Politik betreffen. Und da ich überzeugt bin, dass für jede Veränderung Beweggründe und ein erzieherischer Weg nötig sind, werde ich schließlich einige Leitlinien zur menschlichen Reifung vorschlagen, die von dem Schatz der christlichen spirituellen Erfahrung inspiriert sind“ (Laudato Si’, Nr. 15).
Es geht also um ein politisches Thema, das im Licht der „christlichen spirituellen Erfahrung“ angegangen werden soll. Im ersten Kapitel werden die Probleme beschrieben, denen sich das Rundschreiben zuwendet, nämlich „Umweltverschmutzung und Klimawandel“ (Laudato si’, Nr. 20 -26), „die Wasserfrage“ (ebd., Nr. 27 – 31), „der Verlust der biologischen Vielfalt“ (ebd., Nr. 32 – 42), „Verschlechterung der Lebensqualität und sozialer Niedergang“ (ebd., Nr. 43 – 47) - wobei auch auf die „Dynamiken der Medien und der digitalen Welt“ (Nr. 47) hingewiesen wird, die zu „einer Art geistiger Umweltverschmutzung“ führen können -, die „weltweite soziale Ungerechtigkeit“ (ebd. Nr. 48 – 52) und „die Schwäche der Reaktionen“ (ebd., Nr. 53 – 59).
Wer das so liest, wird fragen, ob hier nicht überflüssigerweise Modethemen abgearbeitet werden, zu denen doch sowieso fast täglich allgemeine Stellungnahmen und Verlautbarungen in den Medien, von Politikern und Umweltorganisationen zu vernehmen sind. Und auch, ob solche Einlassungen auf politische oder naturwissenschaftliche Fragen nicht auch der Eintritt in das Reich der Ideologien bedeutet, die stark von sich immer wieder ändernden „wissenschaftlichen“ Ergebnissen und Meinungen abhängig sind. Und so gab es von „wissenschaftlicher“ Seite auch schon Widerspruch zu gewissen Aussagen der „Enzyklika“.
So wichtig es ist, sich mit möglichen Bedrohungen für das Ökosystem der Erde auseinanderzusetzen und gegenzusteuern, wo und so lange dies möglich ist, vor allem, wenn man bedenkt, dass die negativen Folgen der Ausbeutung und Verschmutzung der Erde meist zuerst die Armen auf dieser Welt zu spüren bekommen, denen oft nicht einmal sauberes Trinkwasser zur Verfügung steht, so sehr drängt sich die Frage auf, wie viel notwendiger es für das Überleben der Erde wohl ist, dass man sich der geistlichen Not und der Probleme der geistlichen Umweltverschmutzung, die wir erleben, annimmt.
Zwar ist es ein sinnvoller Ansatz, im Gespräch mit den Menschen bei der Bedrohung der Schöpfung anzuknüpfen, um so den Blick auf den Sinn alles Geschaffenen und auf die Liebe des Schöpfers hinzulenken, wie es die Enzyklika auch tut (vgl. Laudato Si’, Nr. 77). Im zweiten Kapitel unter der Überschrift „Das Evangelium von der Schöpfung“ wird insofern richtig gesagt, dass „die Liebe Gottes … der zentrale Beweggrund der gesamten Schöpfung“ ist (Laudato si’, Nr. 77). „So wird uns gezeigt, dass die Welt aus einer Entscheidung hervorging, nicht aus dem Chaos oder der Zufallswirkung, und das verleiht ihr noch mehr Würde… Die Schöpfung ist in der Ordnung der Liebe angesiedelt“ (a.a.O.) und muss als Eigentum Gottes vom Menschen verwaltet werden.
Und „ein Empfinden inniger Verbundenheit mit den anderen Wesen in der Natur kann nicht echt sein, wenn nicht zugleich im Herzen eine Zärtlichkeit, ein Mitleid und eine Sorge um die Menschen vorhanden ist“ (Nr.91), so dass in christlicher Sicht „jedes Privateigentum immer mit einer ‚sozialen Hypothek’ belastet ist, damit alle Güter der allgemeinen Bestimmung dienen, die Gott ihnen zugeteilt hat“ (Nr.93).
So geht „nach dem christlichen Verständnis der Wirklichkeit … die Bestimmung der gesamten Schöpfung über das Christusmysterium, das vom Anfang aller Dinge an gegenwärtig ist: ‚Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen’ (Kol 1,16). Der Prolog des Johannesevangeliums (1,1-18) zeigt das schöpferische Handeln Christi als des göttlichen Wortes (Lógos)… Eine Person der Trinität hat sich in den geschaffenen Kosmos eingefügt und ihr Geschick mit ihm durchlaufen bis zum Kreuz. Vom Anbeginn der Welt, in besonderer Weise jedoch seit der Inkarnation, wirkt das Christusmysterium geheimnisvoll in der Gesamtheit der natürlichen Wirklichkeit, ohne deswegen dessen Autonomie zu beeinträchtigen“ (Nr.99).
Im dritten Kapitel (Nr. 101 –136) wird “die menschliche Wurzel der ökologischen Krise” beleuchtet und ein einseitig technokratisches Weltverständnis und ein “fehlgeleiteter Anthropozentrismus” kritisiert, also eine falsche und einseitige Zentriertheit und Bezogenheit auf den Menschen mit einem daraus erwachsenden Relativismus, der Umwelt und Mitmensch nur als Mittel zum Erreichen des eigenen Vorteils sieht. Zugleich aber wird in Nr. 127 mit dem zweiten Vaticanum betont, dass „der Mensch Urheber, Mittelpunkt und Ziel allen wirtschaftlichen und sozialen Lebens“ ist (2. Vat. Konz., Past. Konst. RLINK" http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19651207_gaudium-et-spes_ge.html "Gaudium et spes über die Kirche in der Welt von heute, 63), ohne die Rückbindung des Menschen an Gottes Gebot mit in diese Aussage einzubeziehen. Bereitet man so nicht auch selbst den Boden für den beklagten “modernen Anthropozentrismus”? Christlich betrachtet sollte doch Gott als Urheber, Mittelpunkt und Ziel allen menschlichen Handelns und Lebens gelten?! Diese christliche Grundeinstellung findet in dem traditionellen Ausspruch “alles zur größeren Ehre Gottes” (omnia ad maiorem Dei gloriam) ihren Ausdruck und erst eine solche Gesinnung verleiht allem menschlichen Tun die rechte Ausrichtung und wahren, tiefen Wert!
Neben dem beklagten “fehlgeleiteten Anthropozentrismus” wird auch ein allgemeiner Biozentrismus zurückgewiesen, bei dem das menschliche Leben mit allem übrigen einfach auf eine Stufe gestellt wird, ebenso wie Abtreibung und unnötige Tierversuche oder leichtfertige Genmanipulationen, vor allem Versuche an Embryonen zur Gewinnung von Stammzellen bis hin zum modernen Organhandel in armen Ländern und zum rechten Verständnis von Arbeit (Nr. 118 – 136).
Im vierten Kapitel (Nr. 137 – 162) wird “eine ganzheitliche Ökologie gefordert”, welche neben wirtschaftlichen auch soziale und kulturelle Fehlentwicklungen im Auge hat.
Das fünfte Kapitel (Nr. 163 – 201) beleuchtet die Wichtigkeit internationaler wie auch nationaler Bemühungen, die Risiken für Umwelt oder Gemeinwohl auch mit der betroffenen Bevölkerung prozessorientiert, dialogisch und transparent aufzeigen und möglichst vermeiden sollen, wobei auch die Wirtschaftstreibenden und die “Religionen” gefordert seien.
In Bezug auf die “Religionen” wird gesagt: “In jedem Fall wird man an die Glaubenden appellieren müssen, in Übereinstimmung mit ihrem Glauben zu leben und ihm nicht mit ihrem Tun zu widersprechen; man wird sie ermahnen müssen, sich wieder der Gnade Gottes zu öffnen und zutiefst aus den eigenen Überzeugungen von Liebe, Gerechtigkeit und Frieden zu schöpfen” (Nr. 200). Wenn hier von “Religionen” im Allgemeinen geredet wird, ist die Aussage, dass alle unterschiedslos “in Übereinstimmung mit ihrem Glauben leben und ihm nicht mit ihrem Tun widersprechen” sollen, aus christlicher Sicht nicht richtig, da verschiedene Religionen immer auch extrem unterschiedliche Werthaltungen aufweisen, wie der heutige “religiöse Terrorismus” (aber nicht nur er) ja zur Genüge beweist, der sich ja nicht nur gegen Menschen, sondern oft auch gegen die natürliche und kulturelle Umwelt richtet. Es ist doch gerade heute, aber auch nach einem kurzen Blick in die Geschichte, offenkundig, dass eben nicht alle Religionen gleichermaßen empfohlen werden können, erst recht nicht von einem Katholiken, der ja das Licht Christi verkünden soll, das alle Dunkelheit, die in nicht-christlichen Religionen herrscht, überstrahlt und vertreibt! Die Menschen zu ermahnen, sich “der Gnade Gottes zu öffnen”, ist wichtig! “Zutiefst aus den eigenen Überzeugungen von Liebe, Gerechtigkeit und Frieden zu schöpfen”, ist aber nicht für jeden in gleicher Weise möglich, da viele den wahren Frieden und die wahre Liebe Christi noch gar nicht kennen! Denn auch hier sind die den Religionen eigenen „Überzeugungen“ vielfach sehr unvollkommen und konträr. Auch der Nichtchrist kann zwar von Natur aus gewisse sittliche oder religiöse Wahrheiten erkennen, die dem Gewissen des einzelnen Menschen grundsätzlich offen sind, doch dieses teilweise Können bedeutet nicht, dass deswegen alle Religionen in Lehre und Kult sittlich dem entsprechen und so gleichermaßen zu empfehlen sind.
Im sechsten Kapitel (Nr. 202 –246) wird unter der Überschrift “Ökologische Erziehung und Spiritualität” eine “ökologische Umkehr” gefordert: „Wir erinnern an das Vorbild des heiligen Franziskus von Assisi, um eine gesunde Beziehung zur Schöpfung als eine Dimension der vollständigen Umkehr des Menschen vorzuschlagen. Das schließt auch ein, die eigenen Fehler, Sünden, Laster oder Nachlässigkeiten einzugestehen und sie von Herzen zu bereuen, sich von innen her zu ändern“ (Nr. 218).
Christlich bedeutet Umkehr immer die umfassende sittlich-liebende Hinwendung zu Gott. Die gesunde Beziehung zur Schöpfung gehört hier sicher dazu, das eigentliche Ziel echter Umkehr aber kann nur Gott selbst sein! Hoffentlich wird das von Öko-Christen genügend bedacht! “Freude und Frieden” im Sinne von “Genügsamkeit und Demut” werden sodann gefordert, wobei berechtigterweise auch das Tischgebet vor und nach den Mahlzeiten als Ausdruck der Dankbarkeit Gott gegenüber erwähnt wird, sowie die Bedeutung der “Liebe im zivilen und politischen Bereich”. Schließlich wird unter dem Stichwort „sakramentale Zeichen und Feiertagsruhe” betrachtet, wie Gottes Gnade die ganze Schöpfung durchwaltet, wobei besonders auf den Sonntag als “Unterpfand für die endgültige Verklärung der gesamten erschaffenen Wirklichkeit” (Nr. 237) Bezug genommen wird. Und auch auf die trinitarische Prägung der Schöpfung wird hingewiesen, durch die alles zueinander in Beziehung steht und nur so richtig verstanden werden kann. Die “menschliche Person wächst, reift und heiligt sich zunehmend in dem Maß, in dem sie in Beziehung tritt, … um in Gemeinschaft mit Gott, mit den anderen und mit allen Geschöpfen zu leben. So übernimmt sie in ihr eigenes Dasein jene trinitarische Dynamik, die Gott dem Menschen seit seiner Erschaffung eingeprägt hat. Alles ist miteinander verbunden, und das lädt uns ein, eine Spiritualität der globalen Solidarität heranreifen zu lassen, die aus dem Geheimnis der Dreifaltigkeit entspringt” (Nr. 240).
Und von Maria wird gesagt: “In ihrem verherrlichten Leib, vereint mit dem auferstandenen Christus, hat ein Teil der Schöpfung die ganze Fülle ihrer Schönheit erreicht. Sie schaut in ihrem Herzen nicht nur auf das ganze Leben Jesu, das sie dort sorgsam bewahrte (vgl. Lk 2,19.51), sondern versteht jetzt auch den Sinn von allem. Darum können wir sie bitten, dass sie uns hilft, diese Welt mit weiseren Augen zu betrachten” (Nr. 241).
„Am Ende werden wir der unendlichen Schönheit Gottes von Angesicht zu Angesicht begegnen (vgl. 1 Kor 13,12) und können mit seliger Bewunderung das Geheimnis des Universums verstehen, das mit uns an der Fülle ohne Ende teilhaben wird. Ja, wir sind unterwegs zum Sabbat der Ewigkeit, zum neuen Jerusalem, zum gemeinsamen Haus des Himmels. Jesus sagt uns: ‚Ich mache alles neu’ (Offb 21,5). Das ewige Leben wird ein miteinander erlebtes Staunen sein, wo jedes Geschöpf in leuchtender Verklärung seinen Platz einnehmen und etwas haben wird, um es den endgültig befreiten Armen zu bringen“ (Nr. 243).
Es gibt also durchaus richtige und wichtige Gesichtspunkte der christlichen Lehre, die aufgenommen werden. Dennoch bleibt neben den schon angesprochenen problematischen Aussagen die Frage offen, wie sehr man denn gewillt ist, auch diejenigen Schäden zu analysieren und wieder gut zu machen, die in den letzten Jahrzehnten weit und breit im kirchlichen Bereich angerichtet wurden, wo sie in der äußerlich sichtbaren kirchlichen Umwelt vor allem in der Verunstaltung und Zerstörung der Liturgie, der Schönheit von Gotteshäusern, in glaubens- oder ehrfurchtslosen „Gottesdiensten“, aber auch im Verhalten gegenüber der Tradition zu Tage treten, Schäden, die in Wirklichkeit tiefere, innerliche, den Glauben und die Liebe selbst betreffende und deshalb nur in Gebet und Umkehr überwindbare Ursachen und Erscheinungsformen haben. Auch hier sind doch technokratisches Denken, Anthropozentrismus und Relativismus die menschlichen Fehlhaltungen, welche die Schäden in der geistlichen Umwelt und in den Herzen der Menschen anrichten. Technokratisches Denken, das die Offenbarung nicht mehr von Gott annehmen will, sondern sich „Religion“, „Kirche“ und „Gebote“ angeblich „zeitgemäß“ nach je eigenem Gutdünken und Geschmack selbst zurecht zimmern will. Menschenzentriertheit, die den Menschen und nicht mehr Gott zum Maß aller Dinge erheben will, erkennbar auch in der Verweigerung des Sich Beugens oder Kniens oder darin, dass statt dem Tabernakel oder dem Hochaltar der singende Chor oder der „Vorsteher“ der neuen Eucharistiefeier den Mittelpunkt im Gottesdienst für sich beanspruchen, bei dem oft nur noch die „Gemeinschaft“ unter Menschen, aber nicht mehr wirklich die Gemeinschaft mit Gott angestrebt und als wesentlich erachtet wird. Und Relativismus, der keine Religion mehr als wahr oder von Gott geoffenbart anerkennen will, der alles als gleichwertig darstellt und der im Glauben wie in der Moral nach vordergründigen „Nützlichkeitserwägungen“ entscheidet, die letzte Wahrheit aber gar nicht mehr will oder sucht.
Man fragt sich, wie bei der Überlegung, „all das zu sanieren, was wir zerstört haben“ (Laudato Si’, Nr. 63), der Blick nur bei den physischen Umweltschäden stehen bleiben kann und nicht im Angesicht der katastrophalen kirchlichen Lage auch der Verlust von Glaube, Hoffnung und Liebe und die Ursachen und Gefahren der geistlichen Umweltverschmutzung näher untersucht werden.
Wenn in der Enzyklika gesagt wird: „Neben dem natürlichen Erbe gibt es ein historisches, künstlerisches und kulturelles Erbe, das gleichfalls bedroht ist… Deshalb setzt die Ökologie auch die Pflege der kulturellen Reichtümer der Menschheit im weitesten Sinn voraus“ (Nr. 143), dann fragt man sich, wie denn das kulturelle Erbe des Christentums in Liturgie und Leben von den „Kirchenmännern“ der vergangenen Jahrzehnte so verfolgt und ausgegrenzt werden konnte. Schon vom rein kulturellen Standpunkt betrachtet ist es eine Katastrophe, wenn eine Jahrtausende alte Liturgie plötzlich in den Kirchen nicht mehr gefeiert werden darf, wenn Altäre und Bilder zertrümmert und Kirchen leer geräumt werden konnten und nur der staatliche Denkmalschutz noch gewisse Reste gerettet hat, wenn Kirchen und „Gottesdienste“ für weltliche oder gar gotteslästerliche Inhalte missbraucht werden, wie es bei manchen angeblichen „Kunstprojekten“ immer wieder der Fall ist. Erst recht gilt das natürlich, wenn man es vom religiösen Standpunkt her betrachtet. Sind da nicht vor allem diejenigen verantwortlich, die beanspruchen, die Kirche zu führen und angeblich für die „kulturellen Reichtümer“ kämpfen wollen, sie in der religiösen Bedeutung aber anscheinend gar nicht mehr wahrnehmen?
Wenn „das Verschwinden einer Kultur … genauso schwerwiegend sein“ kann „wie das Verschwinden einer Tier- oder Pflanzenart, oder sogar noch gravierender“ und wenn „die Durchsetzung eines vorherrschenden Lebensstils … genauso schädlich sein“ kann „wie die Beeinträchtigung der Ökosysteme“ (Nr. 145), dann gilt dies doch erst recht für die religiös-kirchliche Kultur, die ja praktisch das geistliche Ökosystem und die Voraussetzung für das geistliche Leben der Menschen auf der Welt darstellt!
Auch hier gilt doch: „Bewundernswert sind die Kreativität und die Großherzigkeit von Personen und Gruppen, die fähig sind, die Einschränkungen der Umwelt aufzuheben, indem sie die ungünstigen Wirkungen der Konditionierungen verändern und lernen, ihr Leben inmitten der Unordnung und der Unsicherheit einzurichten. So gibt es zum Beispiel in einigen Orten, wo die Fassaden der Häuser sehr heruntergekommen sind, Menschen, die mit großer Würde das Innere ihrer Wohnungen pflegen, oder sie fühlen sich wohl wegen der Herzlichkeit und der Freundschaft der Leute“ (Nr. 148). In geistlicher Hinsicht ist so eine Pflege der „inneren Wohnung“ inmitten der kirchlichen Unordnung und Unsicherheit nur möglich im Heiligen Geist, alles andere wäre Hochmut! Und doch sind die Gläubigen durch die kirchliche Lage heute zu so einem Leben inmitten einer äußeren kirchlichen Unordnung und Unsicherheit weitgehend gezwungen! Wo sind die Hirten, die sich dieser Not der Herde annehmen, wenn sie diese nicht einmal wahrnehmen, sondern nur von der materiellen Umweltzerstörung reden?
„Wir erinnern an das Vorbild des heiligen Franziskus von Assisi, um eine gesunde Beziehung zur Schöpfung als eine Dimension der vollständigen Umkehr des Menschen vorzuschlagen“ (Nr. 218). Jedoch: Der Blick auf den heiligen Franziskus müsste vor allem auch die Bereitschaft zur Überwindung der kirchlichen Missstände wachrufen. Eine vollständige Umkehr ist hier Voraussetzung und Folge zugleich.
„Es gibt“ nämlich „Formen der Umweltverschmutzung, durch die die Menschen täglich geschädigt werden. Den Schadstoffen in der Luft ausgesetzt zu sein, erzeugt ein weites Spektrum von Wirkungen auf die Gesundheit – besonders der Ärmsten – und verursacht Millionen von vorzeitigen Todesfällen“ (Nr. 20). Hier darf man nicht vergessen: Die Kirche ist berufen, die Menschen vor dem geistlichen Tod und der täglichen Schädigung durch Schadstoffe entgegenzutreten durch die Verkündigung des Evangeliums Jesu Christi und die würdige und gottgefällige Feier der Liturgie und der Sakramente. „Schadstoffe“ drohen dann, wenn die Überlieferung der Kirche verfolgt wird und Irrlehren oder Weltlichkeit die Tür geöffnet wird. Besonders die Ärmsten, die Christi Lehre noch zu wenig kennen, sind dann in ihrer Gesundheit bedroht und müssen von den Hirten geschützt werden.
Eine umfassende Erziehung zur Umweltverantwortung muss im geistlichen Sinn also weit über „die Vermeidung des Gebrauchs von Plastik und Papier, die Einschränkung des Wasserverbrauchs, die Trennung der Abfälle, nur so viel zu kochen, wie man vernünftigerweise essen kann, die anderen Lebewesen sorgsam zu behandeln, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen oder ein Fahrzeug mit mehreren Personen zu teilen, Bäume zu pflanzen, unnötige Lampen auszuschalten“ (Enzyklika „Laudato si’“ Nr. 211) hinausgehen und sollte vor allem auch die geistliche Not und die geistliche Gesundheit der Menschen im Blick haben.
Nur so wird es auch gelingen, die Gaben der Schöpfung, die der Herr uns anvertraut hat, wirklich in umfassendem Sinn so zu gebrauchen, wie Er es zu unserem zeitlichen und ewigen Heil für uns vorgesehen hat. Um diese Gnade wollen wir beten, um diese Bemühung um den geistlichen Umweltschutz müssen wir uns aber bemühen! Nur dann, wenn wir wieder Hirten haben, die diese Aufgabe wirklich wahrnehmen, kann die derzeitige Not der Kirche wieder überwunden werden!
Möge der Heilige Geist in diesem Sinn die Herzen erleuchten und möge Maria mit allen Engeln und Heiligen uns in diesem Gebet für die geistliche Gesundung zur Seite stehen!

Thomas Ehrenberger

 

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